Idee #2: Das Deutsche Eck abkürzen

Der Koralmtunnel ist mit Stand 2024 beinahe fertiggestellt, der Semmeringbasistunnel bringt ab vsl. 2030 eine halbe Stunde Fahrzeitverkürzung, der Brennerbasistunnel ab frühestens 2032 sogar eine ganze Stunde. Das wichtigste Nadelöhr, das den ÖBB danach erhalten bleibt, ist das Deutsche Eck, also der deutsche Abschnitt auf der Strecke Salzburg-Innsbruck-Feldkirch.


Auf der Luftlinie sind Salzburg und Kufstein (Tirol) nur 70 Kilometer voneinander entfernt. Dank der umständlichen und langsamen (überwiegend 110-140 km/h Höchstgeschwindigkeit) Verbindung über das deutsche Eck benötigen die schnellsten Züge auf dieser Relation heutzutage rund 70 Minuten – dazu kommt, dass die Strecke aufgrund ihrer hohen Auslastung und periodischer Baustellen sehr verspätungsanfällig ist.


Würde sich die Strecke auf österreichischem Staatsgebiet befinden, würde man sie heute sehr wahrscheinlich bereits in rund 30 Minuten zurücklegen – auf einer kombinierten Neu- und Ausbaustrecke, die bei Rohrdorf (2) aus dem Brenner-Nordzulauf (geplant, strichliert) ausschwenkt, bei Bernau (3) wieder in die Bestandsstrecke (die dann für 200 km/h ausgebaut bzw. viergleisig wäre) einmündet, selbige bei Bergen (4) wieder verlässt, um vor Freilassing (5) wieder zur Bestandsstrecke zu stoßen. Die Neubaustrecke würde überwiegend parallel zur A8 verlaufen und wäre sowohl raumplanerisch als auch genehmigungstechnisch keine große Sache – wenn, ja wenn sie eben nicht über deutsches Staatsgebiet verlaufen würde.

Für die Deutsche Bahn hat die Strecke, die nur für die Österreicher von zentraler Bedeutung ist, geringe Priorität, Ausbauvorhaben wären selbst dann, wenn sie von Österreich finanziert würden, dank der berüchtigten bayrischen Bürger-Initiativen kaum realisierbar.


Das unbedingt durchzusetzende Minimum wäre eine Verknüpfung des Brenner-Nordzulaufs mit der Bestandsstrecke im Raum Stephanskirchen (1). Allein durch diese Verbindungskurve würde sich die Fahrzeit zwischen Salzburg und Kufstein bereits um 10-15 Minuten verkürzen. Das Verkehrsministerium versichert auf Anfrage, dass hier hinter den Kulissen Verhandlungen stattfinden, und beruft sich dabei auf den Vertrag von Rosenheim (2012), in dem festgelegt ist, dass beim Ausbau des Brenner-Nordzulaufs auch die Verbindung Salzburg-Kufstein berücksichtigt wird. Für die Deutsche Bahn ist die Anknüpfung der Bestandsstrecke im aktuellen Planungsverfahren jedoch kein Thema – im besten Fall wird eine mögliche spätere Anbindung baulich zumindest nicht verunmöglicht.


Was ist zu tun? Es muss mit allen Mitteln versucht werden, eine – von Österreich finanzierte – Neu- und Ausbaustrecke samt Anbindung an den Brenner-Nordzulauf beim deutschen Staat durchzusetzen. Ein Argument wäre, dass man die – dann wesentlich schnelleren – Züge von Salzburg nach München auch in Freilassing stehen bleiben lassen würde, was eine wesentlich bessere Anbindung des Berchtesgadener Landes (rd. 110.000 Einwohner) bedeuten würde.


Wenn sich Deutschland – wie zu befürchten ist – ganz oder überwiegend querlegt, was sind die Alternativen? Wenn man nicht im 22. Jahrhundert noch auf eine dann bereits vorsintflutliche Strecke angewiesen sein möchte, um den Osten Österreichs mit dem Westen zu verbinden, bleiben nur eine Tunnelverbindung unter dem „Kleinen deutschen Eck“ (6-7, wiederum vorbehaltlich der deutschen Zustimmung) oder eine Umfahrung des deutschen Staatsgebiets (8-9). Beide Varianten setzen exorbitant teure Tunnelverbindungen voraus, hätten aber immerhin den Nebeneffekt, dass Zell am See, Saalfelden und St. Johann in Tirol wesentlich besser an Salzburg bzw. Innsbruck angebunden wären. Die Verbindung von Salzburg bzw. Linz/Wien nach München würde von einem solchen Tunnelprojekt hingegen nicht profitieren.

Unweit von Kufstein (Langkampfen) passiert am 16.02.2017 ein Railjet die Innbrücke – der Brenner-Nordzulauf wird etwa 1 km westlich verlaufen.

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