Idee #3: Siedlungspolitik mit Verkehrspolitik verknüpfen

Österreich ist zu zersiedelt, um die Verkehrswende zu schaffen. Gebaut wurde und wird so ziemlich überall, man kann aber nicht überall stündlich einen Bus hinschicken (sofern dieser nicht ohne Fahrer auskommt).


Wie kann man die Zersiedelung stoppen? Zunächst sollten Baugründe aus offensichtlichen Gründen nicht mehr durch die Bürgermeister gewidmet werden dürfen. Eine eigene Behörde sollte, am besten auf Bundesebene, entscheiden, wo gebaut werden darf. Förderungen aller Art sollten sich (abseits der Landwirtschaft) meines Erachtens künftig aber auf Lagen beschränken, die gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sind.


Der Staat könnte im direkten Umfeld gut angebundener Bahnstationen gezielt Stadtentwicklungsprojekte anstoßen. Wie motiviert man anschließend Leute, dorthin zu ziehen anstatt in schlechter angebundene Gegenden? Man setzt – nach dem Vorbild Wiens – nicht nur, aber auch auf sozialen Wohnungsbau. Diese günstigen Miet- oder Eigentumswohnungen werden bevorzugt für jene zugänglich gemacht, die aus der Peripherie weg möchten: Wer in peripherer Lage ein Haus verkaufen will, kann es, wenn er möchte, an den Staat verkaufen – dieser verkauft das Haus nur weiter, wenn der Kaufinteressent eine Arbeitsstelle in der Nähe nachweisen kann oder dort Familie hat. Ist das Haus in einem schlechten Zustand und besonders peripher gelegen, wird es nach dem Ankauf (zu einem angemessenen, aber nicht überhöhten Preis) schlicht renaturiert.


Bei derlei Projekten sollte grundsätzlich keine Region zu kurz kommen: Auch vergleichsweise gut angebundene Regionalzentren in strukturschwachen Gegenden können mit neuen Siedlungsprojekten aufgewertet werden. Wenn der Ort einen Kindergarten, eine Schule, ein Geschäft und eine Bahnstation hat und größer oder wichtiger ist als andere Orte im Umkreis, spricht alles dafür, die Entwicklung der betreffenden Ortschaft zu fördern – und eben auch den Zuzug aus kleineren, weniger gut angebundenen Ortschaften in der Nähe. So schafft man ein neues Zentrum, in dem man zu Fuß einkaufen, zum Arzt oder auf den Sportplatz gehen kann, in einen Zug einsteigen kann, und in dem man vor allem nicht zwingend auf ein Auto angewiesen ist.


Während die Entwicklung in ländlichen Regionalzentren sehr behutsam erfolgen würde und müsste, könnte man bei neuen Siedlungen in zentralen Lagen durchaus etwas dicker auftragen: Im Bereich südlich und östlich des hervorragend angebundenen Provinzbahnhofs Tullnerfeld (also in den nicht akut hochwassergefährdeten Bereichen) könnte man etwa eine Stadt für rund 20.000 Menschen errichten.


In unmittelbarer Umgebung des Bahnhofs würde man zunächst einen Park, Geschäftsflächen und Gemeinschaftseinrichtungen (Kindergarten, Schule, Sport- und Kulturhalle, Schwimmbad, Ärztezentrum …) schaffen. Anschließen würden sich fünf- bis siebenstöckige Wohnbauten (darunter soziale Wohnbauten). Danach kommt, beispielsweise 800 Meter Luftlinie vom Bahnhof entfernt, ein Grüngürtel (eventuell mit einigen kleineren Tiny-House- oder Schrebergarten-Siedlungen gesprenkelt), gefolgt von kleineren Wohnbauten und (nicht geförderten) Privatgrundstücken für Einfamilienhäuser, die nicht überdimensioniert sind. Es entstünde eine kompakte Stadt, die um zentrale Einrichtungen herum angelegt ist – die zentralste Einrichtung wäre in diesem Fall der Bahnhof Tullnerfeld, den man später um einen zweiten Bahnhof (Tullnerfeld Ost, in der Nähe des Wienerwaldtunnels) ergänzen könnte. Neue Fuß- und Radwege entlang der Kleinen und Großen Tulln könnten die neue Stadt mit der südöstlich gelegenen Wald- und Hügellandschaft, mit Judenau, Baumgarten, Langenrohr und Tulln verbinden.


Auch kleinere und mittelgroße Bahnhöfe würden noch Entwicklung vertragen, jedenfalls besser als die Peripherie. Bei den mittelgroßen Bahnhöfen wäre etwa der neue Bahnhof Ebreichsdorf zu nennen. Er liegt, ebenso wie der Bahnhof Tullnerfeld (wobei im Tullnerfeld mittlerweile ein Parkhaus und mehrere große Parkplätze entstanden sind), mitten auf der grünen Wiese! Weitere Beispiele sind die neuen Bahnhöfe St. Paul im Lavanttal und Weststeiermark, die mit der künftigen Koralmbahn über eine ausgezeichnete Anbindung verfügen. Östlich der Badnerbahn-Haltestelle Maria Enzersdorf Südstadt könnte man ohne weiteres Wohnraum für 10.000 Menschen schaffen. Ideal angebunden wären sie, wenn man die Badnerbahn um eine rund 2,5 km lange Zweiglinie zum Mödlinger Bahnhof ergänzen würde.


Einige kleinere Entwicklungsprojekte, die sich aufdrängen, wären die Bahnstationen von Absdorf-Hippersdorf, Hadersdorf am Kamp, Götzendorf, Parndorf Ort, Neusiedl am See, Deutsch Wagram, Haslau-Maria Ellend, Hengsberg und Wettmannstätten.


Niemand muss die Peripherie verlassen, aber es ist legitim, den Zuzug in nachhaltigere, weniger einsame Lebensräume zu fördern – und der Natur ein wenig Raum zurückzugeben.

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Erdäpfel-Automat im Bahnhof Tullnerfeld

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