#4 Tipps und Tricks (17.01.2025)
In letzter Zeit ist verspätungstechnisch nicht viel Aufregendes passiert (Allerdings habe ich auch keine aufregenden Reisen getätigt): ein Zug, der auf dem Weg nach
Wiener Neustadt überraschend in Leobersdorf „aufgelöst“ wurde, Verbindungen, die als verspätet angezeigt werden und dann doch pünktlich abfahren (weil sich die prognostizierte Verspätung eines
Schnellzugs, der abgewartet werden sollte, erhöht hat), pünktliche Züge, die unterwegs auf die Seite genommen werden, um unpünktliche, schnellere Züge vorbeizulassen (z.B. ein CJX in Baden, der
eigentlich dieselbe Fahrzeit wie der nachfolgende IC hat, welcher beim langsamen Überholen am Gegengleis nicht eine Minute Verspätung gutmacht, während der CJX jetzt ebenfalls fünf Minuten
Verspätung hat), die tägliche Überlastung auf der Wiener Stammstrecke, wo mit großer Regelmäßigkeit CJX-Verbindungen nach Floridsdorf am Prater aufgelöst werden, um die Verspätung nicht auf die
Rückleistung zu übertragen (Am 05.12.2024 wurde mein CJX in Wien Praterstern aufgelöst, obwohl er pünktlich unterwegs war).
Seit gut einem Jahr überprüfe ich, bevor ich Richtung Arbeit aufbreche, online, ob mein Zug (a) fahren wird und (b) pünktlich unterwegs ist (bzw. alternativ, ob es
einen verspäteten Zug gibt, der voraussichtlich kurz vor der gewünschten Zeit fahren wird), und wenn ich wirklich pünktlich sein muss und einen Zug nicht „kenne“, schaue ich (c) auf
www.oebb.at/de/fahrplan/verspaetungsbestaetigung nach, wie zuverlässig der Zug in der letzten Woche war und wie viel Verspätung ich daher voraussichtlich maximal zu erwarten habe*. Die
Kombination aus beidem schafft Sicherheit, denn einige Züge verspäten sich regelmäßig erst dann, wenn ich schon auf dem Weg zum Bahnhof bin. Beispielsweise haben einige CJX-Verbindungen Richtung
Payerbach-Reichenau in der HVZ planmäßig sieben Minuten Aufenthalt in Meidling. Sie verlassen den Bahnhof also zumeist pünktlich, laufen dann aber trotzdem auf die in der HVZ verspätete S-Bahn
auf.
* Gelegentlich prüfe ich auch, ob (d) eine bestimmte S-Bahn, auf die mein CJX üblicherweise aufläuft, pünktlich unterwegs ist.
#3 Es war gut gemeint (03.12.2024)
Heute, am 3. Dezember 2024, fiel mein REX von Wien Mitte nach Baden aus. Ich stieg also in die nachfolgende S-Bahn ein. Diesmal hatte man es geschafft, ab Wien Meidling einen Ersatzzug für den entfallenen REX anzubieten. Dieser wurde nicht kommuniziert, man sah ihn in Meidling aber trotzdem am gegenüberliegenden Bahnsteig stehen, allerdings nur eine Sekunde lang, weil er die Türen schon geschlossen hatte und pünktlich abfuhr … Das erforderliche Mindestmaß an Flexibilität (dass halt einfach jemand mitdenkt bzw. mitdenken darf) ist und bleibt Utopie.
Ein anderes typisches Beispiel: Der REX mit Abfahrt in Baden um 8:07 fällt aus, der vorfahrende REX mit Abfahrt um 7:53 hat 12-13 Minuten Verspätung. Würde der
verspätete Zug noch 1-2 Minuten warten, wäre der Ausfall des Folgezugs kein Drama, der verspätete Zug würde einfach die Trasse des ausgefallenen Folgezuges übernehmen. Aber auch das wurde meines
Wissens noch nie praktiziert und wird wohl auch nie praktiziert werden.
#2 Wenn einem der Anschluss vor der Nase davonfährt (09.09.2024)
Drei- oder viermal pro Jahr verschlägt es mich in die schöne Obersteiermark, ungefähr genauso oft zittere ich dort um meinen Anschluss – denn die Railjets, die mich
(fast) an mein Ziel bringen, kommen aus Tschechien und sind regelmäßig verspätet. Der Anschlusszug ins Tal fährt zumeist nur alle zwei Stunden, dazwischen verkehren einzelne lahme Busse.
Die Gegenrichtung ist eigentlich unproblematisch – da kommen die Railjets aus Graz und sind, wenn ich in Bruck an der Mur zusteige, erst eine gute halbe Stunde
unterwegs. Um nach Bruck an der Mur zu kommen, fahre ich zunächst eine knappe Viertelstunde nach St. Michael. In St. Michael wartet jeweils schon der Zug nach Bruck an der Mur.
Am 9. September hatte mein Zug bei der Ankunft in St. Michael zwölf Minuten Verspätung – er hatte kurz vor dem Ziel auch noch die Kreuzung mit dem in die
Gegenrichtung fahrenden Intercity abwarten müssen. Die Umsteigewilligen, etwa 20 an der Zahl, standen überwiegend mit mir bei der ersten Tür, weil es von dort nur wenige Meter bis zum
Anschlusszug sind – die zwei Züge stehen in St. Michael Nase an Nase. Ich war der Erste am Bahnsteig, erreichte mit wenigen Schritten die letzte Tür des Anschlusszuges – als sich dieser eben in
diesem Moment in Bewegung setzte. Er hatte sieben Minuten gewartet, um dann zwei Sekunden, bevor ich die Tür geöffnet und alle ihren Anschluss erreicht hätten, doch abzufahren. Kein Blick zurück
des Lokführers, keine Kommunikation zwischen Fahrdienstleiter und Lokführer, niemand, der in solchen Momenten ein Auge darauf hat, dass der Anschluss funktioniert. Ein mitreisender Steirer fasste
die Situation zusammen: „Mehr geht neama!“
#1 Weltrekord (18.05.2024)
Am 18. Mai 2024 reiste ich von Baden nach Annaberg an der schönen Mariazellerbahn, die Umsteigezeit in St. Pölten Hbf betrug planmäßig sieben Minuten. Mein Railjet war pünktlich unterwegs, bis er wenige Kilometer vor St. Pölten plötzlich nur mehr Schritttempo fuhr. Warum? Man weiß es nicht.
Ich verbrachte die nächsten Minuten damit, zu berechnen, bei welcher Zugtür sich ungefähr der Abgang befinden würde, und meine Rechnung stimmte ganz genau. Als der Zug rund 45 Sekunden vor Planabfahrt der Mariazellerbahn auf Bahnsteig 5 hielt, sprang ich aus der Tür und stellte (mutmaßlich) einen Weltrekord im 300-Meter-Bahnsteiglauf auf, denn der Weg zu den Bahnsteigen der Mariazellerbahn ist ziemlich lange.
Mit etwa zehn Sekunden Verspätung stürmte ich auf den Bahnsteig 12, der Zug fuhr bereits. Aber der Lokführer zeigte Herz, bremste noch einmal ab und störte sich
nicht daran, dass ich noch rund eine halbe Minute lang die Tür blockierte – bis die anderen Umsteiger ebenfalls angerannt kamen. Zügen nachlaufen ist der
letzte wahre Volkssport in Österreich, da bin ich mir ziemlich sicher.
"This is because of operating difficulties."
Kommentar schreiben